Wien, Dornbirn/Vorarlberg – Der Experte für Bodenkultur und Bodenfruchtbarkeit zu Gast in Vorarlberg: In der Zeit vor der Industrialisierung waren Wert und Bedeutung des Bodens allgegenwärtig, in der heutigen Gesellschaft ist Wissen über den Boden nicht mehr selbstverständlich, weiß der Gastreferent zum Mutter-Erde-Tag am 20. April in der Fachhochschule Vorarlberg (FHV), Dr. Andreas Baumgarten, Leiter der Abteilung Bodengesundheit und Pflanzenernährung in der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). „Boden ist Grundlage für das Wachstum von Pflanzen und damit des überwiegenden Anteils der Nahrungsmittel. Auch Nahrung aus Flüssen, Seen und dem Meer wird indirekt vom Boden beeinflusst, da er als Filter und Speicher für Wasser, Nähr- und Schadstoffe auch die Wasserqualität wesentlich bestimmt.“
Von Verena Daum
„In einem gesunden Boden werden nicht nur die Nährstoffe für die Pflanzen aus den organischen Rückständen wieder freigesetzt, er ist als effizienter Kohlenstoffspeicher auch eine wichtige Senke für CO2. Je intakter ein Boden und damit die in ihm ablaufenden Prozesse sind, umso widerstandsfähiger ist er gegenüber störenden Einflüssen, wie zum Beispiel den Klimawandel“, erläutert der Experte.
Bewusstsein schaffen
„Es wird bereits intensiv an Strategien für eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung gearbeitet, um negative Auswirkungen möglichst gering zu halten bzw. zu vermeiden. Der Mensch schätzt nur das, was er kennt. Und es ist tatsächlich so, dass viele Menschen, das betrifft nicht nur urbane Räume, den Bezug zum Boden verloren haben“, bedauert Baumgarten. „Die Bedeutung dieser unersetzbaren Ressource ist schlicht nicht bekannt. Bei uns arbeiten viele Menschen und Institutionen daran, dieses Wissen wieder im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Etwa die Österreichische Bodenkundliche Gesellschaft, die AGES, das Umweltbundesamt, das BFW, die Universität für Bodenkultur, das österreichische Bodenbündnis, aber auch die Landesregierungen in Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich und Wien. Infos sind auf www.bodeninfo.net zu finden.“ In Bezug auf Bodenspekulation, Stichwort „Betongold“, verweist der Fachmann auch hier auf das „Bewusstsein über die Endlichkeit der Ressource für alle Menschen, eine wichtige Voraussetzung dafür, negative Entwicklungen zu vermeiden. Hier sind alle gefordert. Die Politik hat lenkende Verantwortung.“
Natürliche Bodenfruchtbarkeit
„Durch gesetzliche Rahmenbedingungen, aber auch freiwillige Maßnahmen, ist es gelungen, den Humusgehalt der landwirtschaftlich genutzten Böden seit Beginn der 90er-Jahre wieder kontinuierlich anzuheben und damit die Bodenfruchtbarkeit zu fördern. Auch Maßnahmen zum Grundwasserschutz oder zur Erosionsverminderung greifen bereits. Um die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen aus der landwirtschaftlichen Produktion sicherzustellen, müssen sowohl für groß- als auch kleinstrukturierte landwirtschaftliche Betriebe Rahmenbedingungen existieren, die eine nachhaltige und gesunde Produktion ermöglichen.“
Lebensweise „erden“
Was der Einzelne tun kann? „Sich mit dem Boden und seinen Funktionen auseinandersetzen: Dann wird klar, was man in seinem jeweiligen Wirkungsbereich tun kann. Für Land- und Forstwirte, die unmittelbar mit dem Boden arbeiten, gibt es bereits zahlreiche Informationen. Aber auch für Raumplaner und Gemeinden, die durch ihre Entwicklungspläne wesentlich zum Schutz des Bodens beitragen können, stehen Instrumente zur Verfügung“, erklärt Baumgarten. „Für urbane Menschen bedeutet ein stärkerer Bezug zum Boden automatisch einen sorgsameren Umgang, sei es bei der Vermeidung von Abfällen, der getrennten Sammlung, um die Kompostierung zu fördern, einem Hinterfragen der Konsum- und Ernährungsgewohnheiten bis hin zum persönlichen Einsatz für Bodenschutzmaßnahmen und Projekte. Bodenschutz umfasst alle Aspekte des Natur- und Landschaftsschutzes, aber auch des Schutzes unserer Nahrungs- und Futtermittelproduktion. So gesehen ist ein „Erden“ unserer Lebensweise ein wichtiger Schlüssel für eine gute Zukunft.“
Info und Anmeldung zum Vortrag: Mutter-Erde-Tag, 20. April, 19.00 Uhr, Foyer FH Vorarlberg, Dornbirn, Vortrag „Boden – Die Grundlage unseres Lebens“, Dr. Andreas Baumgarten. Anmeldung bis 18. April unter www.veranstaltungen.fhv.at
Der Artikel ist am 5.4.2017 in den „Vorarlberger Nachrichten“ erschienen.